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Den Schmerz ertragen Über Pazifismus, Demokratie und schwierige Entscheidungen

Über Pazifismus, Demokratie und schwierige Entscheidungen


VON SEBASTIAN SCHMIDT


Wie soll man mit Leid umgehen? Diese Frage treibt mich um. Wie kann man realitätsorientiert handeln, wenn die Realität so schmerzhaft ist, dass ich sie mir nicht anschauen möchte?

Ich sehe so viele Dinge um mich herum, die ich eigentlich nicht hinnehmen kann. Der Krieg in der Ukraine hat mir persönlich eine Seite der Welt gezeigt, die ich bisher nur sehr abstrakt kannte. Alle humanitären Katastrophen vor diesem Krieg sind wohl doch nicht ganz zu mir durchgedrungen. Ich habe sie zwar wahrgenommen und sogar Meinungen und Gefühle zu ihnen gehabt, aber so sehr scheinen sie sich nicht in meinem Weltbild konkret gemacht zu haben, wenn ich doch so überrascht war von diesem Angriffskrieg und den Positionen, die damit bezogen werden müssen. Aus Sicht meiner Generation konnte Krieg in dieser Form eigentlich nicht geschehen. Also was ist passiert? Hat sich die Welt verschoben und wir sind in einer anderen aufgewacht? Oder war die Welt nie eine andere und wir haben sie schlicht nicht ansehen wollen?

Das Chaos ruft nach schnellen Handlungen, die Ordnung und Menschlichkeit versprechen. So eine humanitäre Katastrophe hat Auswirkungen auf die gesamte Welt und ihr Ausgang wird vermutlich auch die Zukunft des globalen Zusammenlebens, wie auch die Zusammenarbeit in globalen Fragen wie Klimawandel, weltweite Migration und Demokratie beeinflussen. Niemand kann sich nachhaltig von diesen Auswirkungen abkapseln. Den ukrainischen Menschen muss, wie es eben geht, geholfen werden. Nur wie? Die einen rufen nach Waffen, die anderen nach Verhandlungen. Wieder andere wollen mit Hilfe von Waffen Verhandlungsgrundlagen schaffen, während auf allen Seiten auch Leute stehen, die jegliche Gewalt fundamental ablehnen und beinahe moralistisch über denen zu stehen scheinen, die sich Hände mit Gesprächen und Diskursen über Krieg schmutzig machen. Pazifismus als die Seite der Guten, als die einzig richtige Entscheidung im Angesicht der Hilferufe aus der Ukraine. Kann es wirklich so einfach sein? Wahrscheinlich nicht.

Ich glaube, dass unser eigentliches Privileg nicht unser materieller Wohlstand ist, sondern die gefühlte Distanz zur Welt, die uns dieser Wohlstand ermöglicht. Diese Distanz verankern wir in unseren Weltbildern. Sie bildet eine Annahme über die Welt, von der aus wir denken, reden, handeln. Das heißt, wir gehen davon aus, dass man über das Geschehen in dieser Welt aus einer „objektiven“ und aus-der-Distanz schauenden Perspektive urteilen kann. Aber wir sind mitten drin. Wir lassen außer acht, dass wir eine globalisierte und vernetzte Welt sind, in der Fragen nach Demokratie und Zusammenleben großflächig umkämpft werden und in dem die Verläufe und Ausgänge von Kriegen riesige Implikationen für viele Gesellschaftsgruppen haben. Man kann sich nicht einfach abkapseln von den Konsequenzen, die die Kriege und Krisen dieser Welt auf alle Menschen haben. Aber der Wohlstand erlaubt uns weiter den Glauben, dass uns die Katastrophen der Welt nicht passieren können und ermöglicht uns Meinungen und Haltungen, die mit der konkreten Realität z.B. eines Krieges, nichts zu tun haben. Wir fühlen uns so weit davon entfernt, die Konsequenzen unserer Positionen tatsächlich spüren zu müssen, dass wir sie schlicht nicht an uns heranlassen. Aber Konsequenzen kommen am Ende immer zurück. Wir müssen uns also in der Frage nach unseren Positionen zum Krieg in der Ukraine die Frage stellen, was für Annahmen diesen Positionen Unterliegen, und ob diese Annahmen noch zeitgemäß sind.

Damit eine Demokratie zu einer Position und Handlung kommt, müssen dabei diese Annahmen kritisch überdacht, und die Konsequenzen akzeptiert werden. Ich glaube, das ist möglich, aber es braucht ein allgemeineres Verständnis davon, dass die Realität komplex und möglicherweise voller Leid ist. Es gibt keine einfachen Entscheidungen und Positionen in diesem Verständnis. Dieses Verständnis bedeutet auch, dass man sich aus der Realität nicht entziehen kann. Aber man kann das Beste aus ihr machen. Dieses Beste gilt es in einer Gesellschaft zu definieren und mit den Menschen um sich herum abzugleichen, was bedeutet die eigene Position in Frage zu stellen. Es ist sehr schmerzhaft, sein eigenes Selbst- und Weltbild überdenken zu müssen, aber es ist die einzige Möglichkeit, realitätsnahe Entscheidungen zu treffen. Es gilt also, den Schmerz ein wenig zu ertragen.


Hat sich nun die Welt verschoben oder war sie nie eine andere? Es gab viele konkrete Hinweise auf diesen Krieg: Osteuropäische Staaten warnen seit Jahrzehnten vor Putin und der imperialistischen und aggressiven Vorgehensweise des Regimes. Dieses russische Regime hat, seitdem es existiert, nicht vor Einmärschen in andere Gebiete zurückgeschreckt. Das galt für den zweiten Tschetschenienkrieg ab 1999, für Georgien 2008 und für die Annexion der Krim 2014. Jede dieser Ausschreitungen waren begleitet von russischer Propaganda, die die Schuld außerhalb suchte und einen Einmarsch so rechtfertigte. Vor einem Jahr noch hat Putin in einem Artikel präzise erklärt, was er über die Ukraine und die ukrainische Identität denkt (siehe Goncharenko, 2021). Er fasst in diesem Artikel zusammen, was er schon seit Jahren rhetorisch aufbaut. Er spricht der ukrainischen Identität ihre Existenz ab und setzt die Ukraine, ihren Kampf um eine souveräne Identität und ihre Nähe zum Westen einer Massenvernichtungswaffe gleich.

Es war also alles da. Die Rhetorik, das Narrativ und die Erfahrung, dass dieser Rhetorik Handlungen folgen. Die Welt war wohl nicht völlig anders, als sie heute ist. Wir haben es nur nicht gesehen. Warum?

Je nachdem, was man über die Welt und die Intentionen seines Gegenübers denkt, so nimmt man dessen Handlungen anders wahr. Wenn man zum Beispiel beim Schach entweder von seiner eigenen spielerischen Überlegenheit, oder von der Unterlegenheit des Gegenübers ausgeht, dann kann es passieren, dass man die Züge des Gegenübers nicht besonders ernst nimmt, weil man von Grund auf davon ausgeht, nicht verlieren zu können. Man fokussiert sich hauptsächlich auf seine eigene Strategie und läuft Gefahr, nicht mitzubekommen, was eigentlich auf dem Brett passiert.

Über viele Jahre verfolgte die Deutsche Bundesregierung einen Wandel-durch-Handel Kurs, welcher sehr akzeptierend gegenüber Regimen war, die Menschenrechte nicht für besonders wichtig halten. Sie ist dabei davon ausgegangen, dass über Kurz oder Lang unsere ökonomischen Verstrickungen mit diesen Ländern zu einer friedvollen und menschenrechtsachtenden Welt führen würden und kein Land es wagen würde, ein anderes anzugreifen - nicht bei den ökonomischen Kosten. Es geht also von einem rationalen Staat aus, welcher die ökonomischen Kosten und Nutzen seines Handelns genau abschätzt. Ein Krieg würde nicht in Frage kommen, weil die Kosten viel zu hoch wären. Dieses Modell muss nun fundamental überdacht werden. Es scheint, Wirtschaft sei nur ein Aspekt von vielen, welcher das Handeln eines Staates erklärt.

Dazu kam das pazifistische Modell, dass wir keine Waffen in Krisengebiete liefern würden und unser Militär mit der Zeit immer weniger einsatzfähig sein müsste. Die Wehrpflicht ist schon lange abgeschafft und die Predigt über das Herstellen einer friedvollen Welt ohne Militär klang immer richtig. Aber wessen Frieden? Und was, wenn das Modell Frieden der einen, nicht mit dem der anderen übereinstimmt? Was, wenn eine Armee einfach einmarschiert und sich die Frage nach dem sollte und müsste gar nicht stellt? Es ist vielleicht gut, an dieser Stelle anzuerkennen, dass diese deutsche Position und dieser Kurs unter dem militärischen Schutzschirm der USA und Frankreichs erwachsen sind. Während das nicht heißt, dass in diesen Positionen keine Wahrheit stecken kann, so ist es doch zum Teil das Äquivalent zu einem Menschen, welcher an der finanziell behütenden Hand seiner Eltern durch die Welt läuft und ärmeren Menschen die Unwichtigkeit des Geldes predigt.

Ich persönlich habe mich mein Leben lang sehr wohl damit gefühlt, moralistisch über ein Militär zu urteilen. Das ist nur was für Rechte und Nationalisten; Militär ist das Gegenteil von Frieden und ich bin für Frieden; Militär und Krieg ist von Gestern und hat in dieser Welt nichts mehr verloren. Das Moralistische an meinen früheren Positionen – also das Gefühl, moralisch über denen zu stehen, die eine andere Meinung hatten – das ist es glaube ich, was mich davon abhalten könnte, meine Positionen glaubhaft zu überdenken. So habe ich mich so sehr mit dem guten Gefühl dieses Selbstbildes identifiziert, dass es mir schwer fällt, es einfach abzulegen. Außerdem würde ein Ändern meiner Meinung bedeuten, dass ich möglicherweise einigen Menschen Unrecht getan habe, indem ich über sie geurteilt habe. Wie beim Schach Beispiel lässt auch hier mein Festhalten an einem Selbst- und Weltbild nur einen ganz bestimmten Blick auf das Geschehen vor mir zu. In diesem Fall muss ich der Gute bleiben und dafür muss ich dieses Gute genauso definieren, wie ich es immer definiert habe.

So scheint mir auch diese Wandel-durch-Handel Politik und diese Art des Pazifismus nur einen ganz gewissen Blick auf die Handlungen anderer Regime in der Welt zu erlauben. Dieser Blick geht von einem ökonomischen Modell und einer Welt aus, die sich nicht nur ohne Gewalt fundamental verändern kann, sondern dabei keine neue Gewalt hervorruft. Ob das Letztere langfristig tatsächlich so ist, das kann wohl niemand wirklich sagen. Aber das geduldige Abwarten und Beharren auf eine bessere Zeit des Friedens, während um uns herum Menschen sterben und Völker überfallen werden, das erfordert eine Klarheit über diese Welt, die entweder real und somit bewundernswert, oder aber völlig illusorisch und eine Selbstlüge ist. In Deutschland gehe ich größtenteils von Letzterem aus.

Pazifismus ist radikal. Ein Beispiel ist der Dalai Lama – eine Leitfigur im tibetischen Buddhismus. Der Dalai Lama lebt Pazifismus und hat sein politisches Amt als Oberhaupt von Tibet niedergelegt. Tibet kämpft seit den 1950ern um seine Selbstbestimmung, während die Volksrepublik China es in das „Mutterland“ eingliedern will. Der Dalai Lama glaubt, dass das momentane Regime in China unter seinem eigenen Gewicht der Repression zusammenbrechen wird. Er glaubt, dass seine Energie und seine Zeit auf der Welt nicht gut genutzt wären, wenn er gegen dieses China kämpfen würde; zumindest nicht im Sinne derer buddhistischen Menschen, die aktiver gegen China kämpfen und sich zum Beispiel in Tibet im Protest selbst anzünden (Franz Alt, 2016). Der Dalai Lama reist durch die Welt und verbreitet die Worte seiner Liebe und des Mitgefühls, aber er findet diese Position nicht einfach (siehe Franz Alt, 2016, Seite 39-43). Er scheint sich nicht einzureden, die einfache Entscheidung getroffen zu haben. Menschen sterben. Tagtäglich. Und einige Stimmen machen auch ihn dafür teilweise verantwortlich, weil er in seiner Macht- und Einflussposition nicht mehr konkreten Beistand leistet. Ich glaube, diesen Pazifismus kann nicht jeder. Dieser Pazifismus erzählt sich keine Geschichte darüber, dass es das moralistisch Gute und Richtige ist, wie er handelt. Wie es scheint, so ist sich der Dalai Lama des Schmerzes bewusst, den dieses Nicht-Handeln mit sich zieht. Er hält sich an das, was er glaubt; aber er schaut sich auch die Konsequenzen dieses Glaubens sehr genau an.


Ein gutes Bild zum Verständnis von Handeln und Nicht-Handeln - und ein absolutes Klischee der Philosophie - ist das Trolley-Problem. Es ist ein Gedankenexperiment, in dem es darum geht, dass ein Zug auf einem Gleis auf vier gefesselte Menschen zufährt. Er wird sie töten, wenn nichts passiert. Aber es gibt eine Abzweigung und man steht persönlich an der Weiche, die ihn umlenken kann. Das Problem: wenn man den Zug umlenkt, brettert er in Richtung einer einzelnen Person, die ebenfalls gefesselt auf diesem neuen Gleis liegt. In diesem Falle würde man aktiv eine Person umbringen.

Es ist unwichtig, wer diese Personen gefesselt und den Zug in Gang gesetzt hat. Es ist auch nicht wichtig, warum ich in der Position der Entscheidung bin. Es ist nur wichtig, dass ich entscheiden muss: Wer muss sterben? Bin ich passiv und lasse vier Personen sterben? Oder werde ich zum Mörder und entscheide aktiv, diese eine Person muss sterben. Schwierig. Nicht ohne Grund ein Dilemma. Aber diese Schwierigkeit nimmt mir die Entscheidung nicht ab. Es gibt keine dritte Option. Handeln hat Konsequenzen und Nicht-Handeln hat Konsequenzen. Es gilt also, eine Entscheidung zu treffen, auch wenn es eigentlich gar nicht geht. Zumindest nicht, ohne sich die Hände in der einen oder anderen Art schmutzig zu machen.

Und: wir müssten akzeptieren, dass wir tatsächlich in der Position zur Entscheidung stecken. Eine Reaktion auf das Trolley-Problem könnte sein zu sagen, das will oder kann ich nicht entscheiden. Dabei geht man aber davon aus, dass man tatsächlich von oben auf dieses Problem schauen und man sich dem eigentlichen Problem entziehen könnte. In Wirklichkeit stehen wir aber eben an dieser Weiche und der Zug fährt vehement weiter. Diese Realisation muss auch in unseren politischen Meinungen und Handlungen zum Ausdruck kommen. Tagtäglich müssen wir kollektiv Entscheidungen treffen, die den Versuch innehaben, eine Haltung zu dieser komplexen Realität einzunehmen. Wir müssen uns heute so, morgen vielleicht anders entscheiden. Aber wir können uns nicht aus dieser Realität herausreden. Nur so kann Demokratie tatsächlich funktionieren: indem man nämlich die Komplexität der Realität akzeptiert und durch Abwägung mit unterschiedlichen Perspektiven eine gemeinsame Erkenntnis formt. Dabei müssen aber die Perspektiven und ihre unterliegenden Annahmen kritisch beäugt und hinterfragt werden und wir müssen bereit sein, unsere Position im Zweifel abzulegen, sollte zu viel gegen sie sprechen. Passiert das nicht, dann könnte Spaltung und nicht-Kommunikation herauskommen. Dann nähme sich jede Seite als die bessere und moralisch höher stehende wahr und wir hören uns nicht mehr zu. Dann ginge es nicht mehr um Lösungen, sondern um die Gefühle und das Selbstbild der Einzelnen. Langfristig hilft das aber niemandem.

Genauso müssen wir auch unsere Positionen gegenüber Regimen wie Russland, unseren Willen zur demokratischen Selbstbestimmung für Länder wie die Ukraine, unseren ausgerufenen Pazifismus, unsere Rolle in der Welt usw. durchdenken. Was sind unsere Werte und wie handeln wir in Übereinstimmung mit diesen Werten? Wie sehr sind wir bereit, für unsere Leitbilder der Menschenrechte unsere Position und unser Selbstbild der pazifistischen und diplomatischen Guten aufzugeben? Wie organisieren wir uns als Demokratie und welches Signal senden wir zum Beispiel an das chinesische Regime, welches seit längerem Taiwan militärisch umzingelt?

Wir müssen uns in einer globalisierten Welt diesen Fragen stellen und können nicht so tun, als könnte man sich einfach abkapseln. Die Konflikte dieser Welt sind unser aller Konflikte.


Mir ist es noch wichtig zu sagen, dass wir verstehen und akzeptieren müssen, dass man immer falsche Annahmen über die Welt hat. Man muss diese Annahmen sogar haben, um überhaupt handeln zu können. Die Realität selbst ist kompliziert und jede Aussage über die Welt wird einen Großteil der Realität nicht abdecken können.

Es kann dabei nicht der Anspruch sein, erst mit absolutem Wissen handeln zu dürfen – dieses absolute Wissen gibt es nach all unserer Geschichte von menschlichen Erfahrungen und Erkenntnissen wahrscheinlich nicht. Wir haben aber trotzdem Ziele, sehen Probleme um uns herum und können vielleicht nicht alle unser Leben lang im Schneidersitz in einer Höhle sitzen und dabei zuschauen, wie sich alles immer verändert - wir wollen handeln, selbst wenn wir nicht die absolute Wahrheit erkannt haben. Also müssen wir vereinfachte Annahmen über die Welt treffen, um dann im Nachhinein zu sehen, wie nah wir tatsächlich an der Realität waren. Das beinhaltet aber auch, dass wir unsere Position überdenken müssen, wenn die Realität sich als völlig anders herausstellt. Frei nach dem Prinzip: Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und ein anderes Ergebnis zu erwarten. So würde es uns immer weiter von der eigentlichen Realität entfernen, wenn wir stoisch auf unsere früheren Annahmen bestehen würden. Hierbei die Frage: Andere Welt (zumindest andere Wahrnehmung), gleicher Pazifismus?

Das Verändern unseres Weltbildes im Lichte der neuen Entwicklungen ist extrem wichtig. Am Ende auch, damit wir uns nicht selbst belügen und somit unsere Demokratie gefährden, weil wir uns lieber die schön klingende Realität erzählen, in der wir immer die Guten sind.

Ich selbst habe auch Angst vor solchen Entscheidungen und Positionen. Angst vor Krieg, vor Zerstörung, vor dem Leid der Welt. Angst vor den Bildern, die ich jeden Tag in den Nachrichten sehe und Angst vor populistischen Wahlplakaten, die eine einfache Welt versprechen, obwohl sie wahrscheinlich nicht bereit wären, tatsächliche Verantwortung für ihre fragwürdigen Utopien zu übernehmen. Ich habe Angst vor vielem, was im Moment passiert und diskutiert wird. Außerdem muss ich mehr und mehr akzeptieren, dass es wenige Fixpunkte gibt, an die ich die Sicherheit heften könnte, dass die Welt morgen noch so aussieht, wie ich sie heute sehe.

Ich möchte nicht so tun, als wäre ich ein Verteidiger der einzig wahren Realität. Was ich möchte ist, dass wir Menschen, die in einer Demokratie leben, versuchen, uns mit der Realität auseinanderzusetzen. Und dass wir die Fragen, die fundamental unbeantwortet bleiben - die aber den Kern von Demokratien ausmachen - dass wir diese Fragen im Lichte neuer Erfahrungen immer wieder neu diskutieren und für den Augenblick zu beantworten versuchen. Nicht einzig wahr und richtig, aber so richtig, wie es uns im Moment möglich ist.


Referenzen:


Goncharenko, Roman. (2021, 15. Juli). Putin formuliert Ukraine-Doktrin und droht. https://p.dw.com/p/3wXSL


Alt, Franz. (2016) Der Appell des Dalai Lama an die Welt mit Franz Alt.



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