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Die Bundestagswahl steht vor der Tür! Und einmal mehr kommt die Gretchen-Frage auf: Welche Partei soll ich nun wählen? Für die meisten von uns, die nicht aus Tradition, Überzeugung oder Loyalität Stammwähler*in einer Partei sind, kann diese Frage zu einem wirklichen Debakel werden, denn trotz vieler Ähnlichkeiten bei der ideologischen Positionierung klaffen die konkreten Forderungen doch weit auseinander.

Grund genug, sich einmal eingehend(er) mit den Wahlprogrammen der Parteien zu beschäftigen. Und das am besten anhand einzelner Themen. Unser Wahlprogramm-Check fokussiert sich auf die drei Themen Klima, Psychische Gesundheit und Bildung. Da es diverse Wahlprogrammvergleiche gibt, sei an dieser Stelle auf das Angebot großer Medienhäuser verwiesen. Der nachfolgende Artikel ist ausdrücklich nur eine grobe Übersicht und soll zu weiteren Recherchen anregen, sollte aber allein nicht als Wahlgrundlage verwendet werden!

 

Aber genug der Vorrede, es geht in medias res:

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Zunächst zur Klimapolitik:

CDU/CSU wollen Deutschland bis 2045 zu einem "klimaneutralem Industrieland" umbauen. Das 1,5-Grad-Ziel kann ihrer Meinung nach nur durch “Investitionen und Projekte in die Dekarbonisierung [, die] sich letztlich als wirtschaftlich erweisen", erreicht werden. Dabei wollen sie auf "innovative Technologien und wirtschaftliche Investitionen" setzen und bis 2030 die Treibhausemissionen im Vergleich zum Jahr 1990 um 65% senken. Auch soll der Emissionshandel national und europäischen ausgebaut werden.
Das Hauptziel ist unverkennbar die Schaffung wettbewerbstechnischer Vorteile von und Anreize zur Klimaneutralität. Das maßgebende Instrument der Union ist dabei die Steuersenkung für nachhaltige Technologien.
Im Großen und Ganzen will die Union die Klimakrise also über die Marktkräfte regeln und durch Steuererleichterungen Anreize zu vertiefender klimafreundlicher Forschung, sowie zu klimaneutralem Verhalten schaffen.

Anders sieht es bei den Grünen aus. Ihr „klimaneutrales Jahr“ soll 2040, nicht 2045, sein. Außerdem soll mit einem Sofortprogramm der 1,5-Grad-Pfad des Pariser Klimaschutzabkommens wieder begangen werden.
Dabei setzt man*frau vor allem auf den schnelleren Kohleausstieg bis 2030, eine „CO2-Bremse" für alle Gesetze, die grundrechtliche Verankerung des Klimaschutzes, Atomausstieg und die Erhöhung des nationalen CO2-Preises auf 60 EUR bis 2023. Das Europäische Emissionshandelssystem wollen die Grünen einschränken, um somit den CO2-Preis zu erhöhen.
Abgesehen von der CO2-Krise fordern die Grünen aber auch die Bekämpfung des Arten- und Waldsterbens. Beispielsweise sollten 5% der Waldfläche gar nicht bewirtschaftet und  Wälder, Flüsse, Auen und Moore renaturiert werden. Weiterhin werden strengere Vorgaben für Tierhaltung und Pestizideinsatz, eine Reform der Abwasserabgabe, ein Ende der Öl- und Gasbohrungen in Nord- und Ostsee, sowie einen Ausstieg aus Kies- und Sandabbau anvisiert.
Die Grünen zielen also vor allem auf eine gesamtökologische Strategie zur Bekämpfung vielfältiger Krisen ab. Dabei verneinen sie nicht grundsätzlich marktstrategische Ansätze, kombinieren diese aber mit vermehrtem staatlichen Eingreifen.

Die Freien Demokraten stellen sich vor allem gegen gesetzlich vorgegebene Technologien und die Förderung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Stattdessen werden von ihnen Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe bevorzugt, welche sich durch das System der Preisbildung hervortun sollen.
Weiterhin fordert die FDP den Einsatz von Kunststoffen in Haushalten und der Industrie, die sog. „Bioökonomie" sowie die Erreichung des 1,5 Grad-Zieles bis 2050. Als Hauptinstrument favorisiert die FDP den freien CO2-Emissionshandel.
Ähnlich der CDU setzt die FDP vor allem auf die Allokationsfunktion der Preise, um klimafreundliche Technologien zu entwickeln. Gerade neuartige Technologien sollen die Klimaerwärmung langfristig und nachhaltig aufhalten.

Gleich der CDU fordert SPD Klimaneutralität in Deutschland bis spätestens 2045. Dabei favorisieren die Sozialdemokratien „klassische“ erneuerbare Energien. Neben den Privaten sollen alle öffentlichen Gebäude und gewerblichen Neubauten Solarstrom erzeugen. Neben der Solarenergie ist die SPD außerdem von der Wasserstofftechnologie überzeugt, welche sie massiv ausbauen will.
Die SPD setzt also auf eine Kombination vom Altbewährtem sowie technisch Neuem.

Die Linke fordert einen Kohle- und Erdgasausstieg bis spätestens 2030. Dabei setzt sie unverkennbar auf staatliche Maßnahmen: mit einem staatlichen Transformationsfonds von über 20 Milliarden Euro pro Jahr soll der gesamtgesellschaftliche ökologische Umbau finanziert werden. Gerade wirtschaftstragende Unternehmen sollen von diesem Fonds profitieren. Dadurch soll auch die klimaneutrale Wirtschaft wachsen.
Den Emissionshandel lehnt die Partei unter Hinweis auf die Probleme marktwirtschaftlicher Steuerung ab. Außerdem soll laut den Linken der Staat keine klimaschädlichen Investitionen durchführen, die Energieversorgung soll sich am Gemeinwohl ausrichten und Strom- und Wärmenetze sollen in die öffentliche Hand überführt werden. Kommunen sollen beim klimaneutralen Umbau unterstützt werden.

 

Weiter geht es mit der psychischen Gesundheit:

Die SPD will sich für eine präventive Behandlung psychischer Erkrankungen einsetzen. Präventionsprogramme sollen niederschwellig und schnell zugänglich sein, sowie regionale Besonderheiten aufgreifen.

Die FDP fordert hingegen eine vergleichende Untersuchung von Präventionsprogrammen, damit diese effektiv funktionieren können. So getestete Programme sollen anschließend für Kinder und Jugendliche ab den Kindergärten unbürokratisch zugänglich sein. Im Vordergrund steht die allgemeine „Vermittlung eines gesunden Lebensstils“.

Ganz Ähnliches fordern die Linken. Auch sie wollen niederschwellige, aber kostenlose, psychologische Beratung in diversen Bereichen des öffentlichen Lebens; ebenfalls ab dem Kindergarten. Der Gedanke dabei: Prävention und Bürokratieabbau.

Ähnlich wie die Sozialdemokrat*innen fordert die CDU einen Ausbau des psychotherapeutischen Angebots. Allerdings fällt der Abschnitt des Parteiprogramms zur psychischen Gesundheit vergleichsweise klein aus (allerdings immer noch mehr als bei der AfD, die keinerlei Angaben zu diesem Thema macht).

Die Grünen setzen auf eine gesamtbiographische Betrachtung von Menschen. Psychische Gesundheit soll unter anderem durch Angebote zur freien Persönlichkeitsentwicklung erreicht werden. Außerdem betonen auch sie die Relevanz von Prävention, nicht zuletzt, um Kosten zu senken.

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Zuletzt folgt die Bildung:

Die FDP will eine Reform des Bildungsföderalismus‘ zu Gunsten von einzelnen Schulen. Diese sollen ihr eigenes Budget verwalten und selbst über Personal entscheiden dürfen. Für junge Menschen aus nicht-akademischen Familien sollen Aufstiegspatenschaften und Aufstiegsscouts bereit stehen.
Zur Bekämpfung von Bildungsungerechtigkeit will die FDP ein elternunabhängiges Baukasten-BAföG einführen, mehr Lehrkräfte ausbilden und mehr junge Menschen in den Arbeitsmarkt einbinden.
Damit erscheint „ gerechte Bildung“ als eine Kernforderung der FDP. Die nötigen Reformen für ein starkes Bildungssystem sollen erneut über Marktanreize erreicht werden.

Die Linke will ebenfalls mehr Lehrkräfte, Erzieher*innen und Schulsozialarbeiter*innen einstellen. Berufsstigmata sollen abgebaut und Schulgebäude saniert und digitalisiert werden. Zudem will die Linke für Lehr- und Lernmittelfreiheit sorgen, sowie kostenfreie Verpflegung und Beförderung gewährleisten. Die gesamte öffentliche Kinderbetreuung soll gebührenfrei werden. Privatisierungen im Bildungsbereich sollen rückgängig gemacht werden.
Die materiellen Forderungen sind denen der Liberalen recht ähnlich, aber instrumentell soll der Staat die Reformen über Steuermittel umsetzen und nicht der Markt über das Angebots-Nachfrage-System.

Die Unionsparteien sehen sich, ähnlich den Liberalen, in der Tradition des „Aufstieg[s] durch Bildung“. Dabei kritisieren sie indirekt ebenfalls den Bildungsföderalismus, indem sie eine digitale Nationale Bildungsplattform fordern.
Finanziell soll das BAföG modernisiert werden, so dass eine individuelle Förderung des Lebensunterhalts von Bildung und Weiterbildung im Lebensverlauf ermöglicht wird. Eine Ausbildungsgarantie findet sich im Programm der Union nicht.

Bündnis 90 hat maßgeblich gemeinsames Lernen von der Kita bis zum Schulabschluss zum Ziel. Finanziert werden soll dies vor allem durch Bundesmittel. Die Grünen wollen zudem ein Bund-Länder-Programm für hochwertige Quereinsteigerbildung für pädagogische Fach- und Lehrkräfte einführen. Schulen sollen digitalisiert, der DigitalPakt weiterentwickelt werden. Auch die Grünen sprechen sich für eine Ausbildungsgarantie aus.

Last but not least: Die SPD will mehr Ganztagsschulen und spricht sich ebenfalls für langes, gemeinsames Lernen aus. BAföG und Aufstiegs-BAföG sollen zusammengeführt werden und mehr junge Erwachsene erreichen. Die Altersgrenzen im BAföG sollen aufgehoben werden. Das neue Kindergeld soll eine Basisabsicherung für alle bis zum Alter von 25 Jahren werden.

Und damit sei gesagt: die Parteien haben teilweise ähnliche, teilweise verschiedene Ziele, meistens streiten sie sich aber mehr um die Umsetzung derselben. Um eine fundierte Wahlentscheidung treffen zu können sei daher abschließend eine weitergehende Beschäftigung mit den Gesamtzielen der Parteien empfohlen!




 

Der Text basiert maßgeblich auf folgenden Quellen. Teilweise wurden Textpassagen übernommen:

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